Er war jung, unerfahren und ganz schön engagiert

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von Michael Schoberleitner

Er war erst 19 Jahre alt. In mancher Augen ein Jungspund, zu unerfahren und vielleicht noch etwas zu grün hinter den Ohren für die ihm anvertraute Position. Rudolf Tschirk, ein Tennis-Landesmeister, der gerade erst nach Neufeld an der Leitha gekommen ist, um seinem Sport nachzugehen, wird vom späteren Bürgermeister auf die offene Stelle des Amtsleiters der Gemeinde aufmerksam gemacht, bewirbt sich und sitzt schon bald mit großer Verantwortung im Gemeindeamt.

Seitdem sind mehrere Jahrzehnte vergangen. Rudolf Tschirk ist nach wie vor der Oberamtsrat der Gemeinde Neufeld an der Leitha und damit auch der Leiter des Gemeindeamtes. Dieses Portrait beschreibt die Anfangsjahre seiner Tätigkeit und berichtet über Höhen und Tiefen sowie momentane und zukünftige Herausforderungen.

© Isabel Stumfol

Anfangs war es ein Kampf, erzählt er. Er musste lernen sich durchzusetzen. Er musste sich anderen Kolleg*innen gegenüber beweisen und sich so deren Respekt langsam erarbeiten. Eine der größten Herausforderungen am Anfang seiner Karriere waren aber nicht planerische oder politische, sondern die „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht.“-Einstellung. Dieser versuchte er entgegenzutreten und neue Ideen einzubringen. Seine Kolleg*innen merkten schnell, dass es sich bei Rudolf um einen motivierten Macher handelte, der sich nicht unterkriegen lässt.

Er hat sich seine umfangreiche Erfahrung im Laufe der Jahre selbst erarbeitet. Learning by doing war ein wichtiger Teil seiner täglichen Arbeit. Gerne hätte er in jungen Jahren studiert, das war aber zur damaligen Zeit finanziell nicht möglich. Seine Arbeit als Amtsleiter war für ihn Ersatz für die universitäre Ausbildung. Seine Aufgabenbereiche reichen vom Anstellen der Mitarbeiter*innen, dem Kalkulieren von Kosten, dem Management von baurechtlichen Inhalten bis hin zum Trauen von Paaren.

Mit Raumplanung ist Rudolf erst später in Kontakt gekommen. Zwar gab es bei seinem Arbeitsbeginn einen Flächenwidmungsplan der Gemeinde – dieser war jedoch schon veraltet. Eine Überarbeitung wurde in die Wege geleitet. Mit knapp 25 Jahren musste Rudolf politische und private Interessen abwägen und Kompromisse vermitteln, um Einigungen erzielen zu können. In seinen Jahren im Dienst der Gemeinde lernte er so durch zahllose Projekte und Vorhaben die essenziellen Dinge, um eine positive Entwicklung voranzutreiben.

© Isabel Stumfol

Als Amtsleiter ist Rudolf eine der bekanntesten Personen seiner Gemeinde. Er macht seinen Job gerne; schwierig kann es aber dann doch werden, vor allem, wenn konfliktreiche Themenbereiche auf die Tagesordnung kommen. In der Öffentlichkeit werden der örtliche Bebauungsplan und die Bebauungsrichtlinien oft als zu restriktiv wahrgenommen. Neue Bauten müssen ins Ortsbild passen und auch die Bebauungsdichte muss stimmen. Das ist nicht leicht zu vereinbaren. Am Ende des Tages müssen aber Kompromisse gefunden werden.

Auch das Verkehrsproblem der Gemeinde ist immer wieder ein Thema bei Bürger*innenversammlungen. Viele Menschen fühlen sich als Fußgänger*innen oder Radfahrer*innen nicht sicher genug auf den heimischen Straßen. Der Mehrzweckstreifen auf der zentralen Ortsdurchfahrt ist mehr ein Kompromiss als eine zukunftsorientierte Lösung. Rudolf meint, hier müssen neue und bessere Antworten für die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung gefunden werden.

Für die Zukunft der Gemeinde wünscht er sich, dass der Umbau des Rathauses vorangeht, dass das genannte Verkehrsproblem intensiv bearbeitet wird, dass der Tourismusbegriff noch weiter in der Gemeinde verankert wird und dass die diversen Vereine und Institutionen noch mehr zusammenarbeiten. Natürlich ist all das auch eine finanzielle Herausforderung. Es muss leistbar bleiben. Die Pläne für neue öffentliche Gebäude sind zwar wichtig, aber auch in die Infrastruktur, welche teilweise schon veraltet ist, muss investiert werden.

Neufeld an der Leitha ist für Rudolf eine Heimat fürs Leben geworden und er könnte sich nicht vorstellen, woanders zu leben oder gar in eine größere Stadt zu ziehen. Natürlich ist es auch herausfordernd in seiner Funktion als Amtsleiter immer erkannt zu werden. Oftmals muss er sich zwischen Tür und Angel um kleine Anliegen kümmern, auf die er in seiner Freizeit angesprochen wird. Aber hier abzuwinken und jemanden wegschicken käme für ihn nicht in Frage. Das gehört seiner Meinung einfach zu seinem Job, den er nach wie vor mit viel Begeisterung und Elan ausübt, dazu. An die Pensionierung denkt er noch nicht, denn dazu gibt es seiner Meinung nach noch viel zu viele interessante Dinge zu tun.

An zukünftige Raumplaner*innen hat Rudolf den Rat, stets kritisch zu sein, zu sagen, was gar nicht geht, was gut funktioniert oder einfach nur Humbug ist. Diese Expertise ist in Gemeinden unerlässlich.

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