Partizipation und Düdelingen - Eine Erfolgsstory aus dem kleinen Luxemburg

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von Kayser Philippe

Ich kann mir sehr gut vorstellen, was Ihnen beim Lesen dieses Titels durch den Kopf geht: Wer, wo oder was ist bitteschön Düdelingen und was hat das mit Partizipation zu tun?! Nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit und ich werde Ihnen diese Frage beantworten, sowie einige interessante Fakten über die Beteiligungsphilosophie der viert größten luxemburgischen Stadt erzählen.

 

Erfolgsstories in der Raumplanung gibt es viele.  Wie Sie bereits gemerkt haben, sind viele Reportagen oder Porträts in Österreich verortet. Da ich selbst aus Luxemburg komme, habe ich mir gedacht, es wäre doch spannend den Leser*innen einen Einblick in einer meiner persönlichen raumplanerischen Highlights aus meinem kleinen Land zu geben.

 

Meiner Meinung nach ist die Beteiligung der Bevölkerung ein sehr wichtiger Aspekt in der nachhaltigen Entwicklung von Ortschaften und Städten. Während des Raumplanungsstudiums beschäftigt man sich immer mehr mit Partizipations- und Beteiligungsprozessen. Vom Planungsprozess der Seestadt Aspern, den partizipativen Budgets in einigen Wiener Bezirken bis hin zur Grätzlplanung in Innsbruck: Beteiligung findet man überall. Aber wie sieht es in Luxemburg,aus wenn es um die aktive Einbindung der Bevölkerung in Planungsprozesse geht? Darüber hatte ich mir eigentlich nie so wirklich Gedanken gemacht, bis ich eines Tages über ein Video auf Facebook gestolpert bin. Darin wurden die Düdelinger*innen auf den neu formierten Bürger*innenrat aufmerksam gemacht. Ich war sofort getriggert und wollte mehr erfahren. Nach ein wenig Recherchearbeit habe ich mich dazu entschieden, mir das Ganze näher anzuschauen, um herauszufinden, ob sich hinter diesem Video vielleicht eine Erfolgsstory verbirgt. 

 

Alle Aussagen basieren auf einem Interview, welches mit Herrn Spina durchgeführt wurde. Ich stelle jedem die MP3-Datei gerne zur Verfügung. Ich warne sie jedoch vor: das Gespräch wurde auf luxemburgisch durchgeführt.

 

2004 gab es eine nationale Initiative, den Gemeinden und lokalen Dienststellen das Thema der Beteiligung in Form von Workshops näher zu bringen. In der Gemeinde zeigte sich ein großes Interesse von Seite der Politiker*innen und Mitarbeiter*innen der Gemeinde in Form von reger Teilnahme an diesen Workshops. Den Bürger*innen neben den Kommunalwahlen noch mehr Mitspracherecht im politischen und planerischen Geschehen der Stadt zu geben, erschien für die Entscheidungsträger*innen, als der neue, innovative Weg. Noch im selben Jahr wurde aus der nationalen Initiative ein lokales, konkretes Projekt ins Leben gerufen: Das Bürger*innen Forum.

 

Das Bürger*innen-Forum beschäftigte sich im Diskurs zwischen Bürger*innen und Gemeindearbeiter*innen in erster Linie mit Themen, die die Allgemeinheit betreffen. Unterschiedliche Ideen wurden gesammelt, besprochen und ausgearbeitet. Diese Ideensammlungen betrafen meistens Projekte auf lokaler bzw. Stadtteilebene. Im Rahmen dieses Forums, wurde bei der Planung des Weihnachtsmarktes besonders auf die Kooperation mit den vertretenen Vereinen gebaut. Dabei wurde der Austausch mit den Vereinen gesucht, um ihre Rolle auf dem Markt und ihre Anforderungen und Bedürfnisse zu ermitteln

 

Einige Jahre später wurde der Kindergemeinderat eingeführt. Das Ziel war, eine Plattform zu schaffen, wo sich Kinder in das politische Geschehen der Stadt einmischen konnten. Vertreten durch den jungen Gemeinderat, wurden in Workshops und im Austausch mit politischen Entscheidungsträger*innen die Interessen der jüngsten unserer Gesellschaft der Politik näher gebracht.

4 Jahre später wurde die selbe Idee für Jugendliche ausgearbeitet. Der Stadt war es wichtig, die Meinung ihrer Einwohner*innen zu hören. Da die Meinungen der Kinder und Jugendlichen oftmals in der Masse untergehen, haben Initiativen wie diese geholfen, Eindrücke, Bedürfnisse oder auch die ehrliche Meinung der Jüngsten zu hören.

 

In Düdelingen selbst waren die Kinder und Jugendlichen vor allem an Projekten beteiligt, die sich mit der Umgestaltung eines Spielplatzes bzw. der Planung eines neuen Skateparks auseinandersetzen. Die Politiker*innen haben erkannt, dass die Zufriedenheit der Bürger*innen auch damit zusammenhängt, wie Wohl sich die Menschen in ihrer Umgebung fühlen und inwiefern ihre Ideen in solchen Prozessen auch ernst genommen und umgesetzt werden. Hierzu zählt auch, dass Projekte wie Spielplätze oder Skateparks von den späteren Benutzer*innen mit entschieden und geplant werden durfte. So konnten die Kinder von der Platzierung der Schanzen bis hin zur Entscheidung, welche Spielgeräte aufgestellt wurden, an vorderster Front mitbestimmen.

 

Im Interview mit Herrn Spina hatte ich das Gefühl, dass Partizipation aus den richtigen Gründen großgeschrieben wird. Man probiert vieles aus und gesteht sich auch ein, dass aller Anfang schwierig ist und es viele Hürden zu überwinden gilt. Auch als man 2015 gemerkt hat, dass das Bürger*innen Forum nicht mehr so erfolgreich angenommen wurde, wie zu Beginn, hat man sich viele Gedanken über neue Methoden gemacht. Im Austausch mit Expert*innen oder ausländischen Städten, wie Metz in Frankreich, haben die Entscheidungsträger*innen neue Impulse bekommen. Nachdem interessante Formate gehört und als umsetzbar empfunden wurden, setzen sich der Schöffen und der Schöffenrat zusammen und entscheiden über eine angemessene Fortführung der Beteiligungsformate. Schließlich sollten die Formate und Methoden ständig an die Bedürfnisse der Menschen und der Stadt angepasst werden. Auch die Aussagen über Fortbildungen haben gezeigt, dass sich die Zuständigen sehr für die Qualität des Angebotes einsetzen. Mit viel Überzeugung und Wissen wurde von den einzelnen Prozessen erzählt. Allerdings wurde nicht alles gelobt, was in den letzten Jahren umgesetzt worden ist. Obwohl von Anfang an klar, war dass zu Beginn nicht alles problemlos funktionieren würde, hat Düdelingen es geschafft neues auszuprobieren, sich Fehler einzugestehen und und aus ihnen zu lernen.

 

Transparenz schreibt die Stadt Düdelingen sehr groß. So sitzt seit geraumer Zeit in jedem Ausschuss mindestens eine neutrale Person, welche die Bevölkerung repräsentiert. Diese bekommt Diskussionen und Entscheidungen aus erster Hand mit und kommuniziert diese nach außen. Solche Vorgehensweisen schaffen bei der Bevölkerung Vertrauen und gleichzeitig beweist die Gemeinde nichts zu verstecken zu haben. Diese Einstellung unterstreicht, dass Düdelingen die zukünftige Entwicklung gemeinsam mit der Bevölkerung bewältigen will. Nach den ersten zehn Jahren Einbindung der Bevölkerung wurden letztes Jahr neue und innovative Beteiligungsformate für das Wachstum der Stadt ausgearbeitet. Zum einen entstand ein Bürger*innenrat, welcher sich das erste Mal Ende 2019 getroffen hat. Nach Aussagen von Herrn Spina war dieses erste Treffen ein großer Erfolg. Das Feedback von Seiten der Bürger*innen war äußerst positiv. Die Beteiligten haben gemerkt, dass die Teilnahme am Lösungsfindungs- und Entscheidungsprozess nicht so einfach ist, wie man es sich vorstellt.  Da vielfältige Meinungen und Bedürfnisse an einem Tisch zusammen kamen, musste vieles ausdiskutiert und argumentiert werden. Am Ende konnte jedoch ein Konsens unter den Anwesenden erzielt werden und der erste Bürgerinnenrat beschlossen werden.

 

Des Weiteren wird im Herbst 2020 ein Bürger*innen-Panel hinzugefügt werden. Zusätzlich ist ein partizipatives Budget im Jahr 2021 geplant. Partizipative Budgets sind Geldsummen, die von der Stadt zur Verfügung gestellt werden, damit Bürger*innen darüber entscheiden können, für welche konkrete Projekte dieses Kapital ausgegeben wird. Diese Art der Beteiligung zeigt, dass die Stadt Düdelingen bereits sehr fortgeschritten und motiviert ist, ihre lokale Beteiligungskultur voranzutreiben.

 

Was Beteiligung in Luxemburg besonders spannend macht, ist der hohe Anteil an nicht luxemburgisch sprechenden Menschen. So ist es normal, dass Beteiligungsprozesse in Düdelingen in mindestens 2, wenn nicht sogar 3 Sprachen abgehalten werden. Damit wird sichergestellt, dass auch alle Bürger*innen sich mitteilen und auch nachvollziehen können, was besprochen wird.

 

Wie man erkennen kann, hat die Stadt Düdelingen das richtige Mindset, ihre Stadt gemeinsam mit den Bürger*innen weiterzubringen und zu entwickeln. Ich hoffe, dass sich viele andere luxemburgische Städte und Dörfer von diesem Enthusiasmus anstecken lassen und den Bürger*innen mehr Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen gibt.

 

Lass dies nicht die letzte Erfolgsstory aus raumplanerischer Sicht in Luxemburg sein.

Die Informationen, welche in Erfahrung gebracht wurden um diesen Beitrag verfasses zu können, wurden einerseits über die Internetseite der Gemeinde Düdelingen eingeholt und andererseits durch ein Interview mit dem Schöffen der Gemeinde, Herrn Spina Loris, vervollständigt. 

Vorläufiger Kalender der düdelinger Partizipation.
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