EIN HALLENBAD
OHNE WASSER

Marion

geschrieben von Marion Müller

Inmitten einer großen Wiese, umschlossen von einem Fluss, einer steilen Bergwand und Wald, steht ein Gebäude, dessen Dachform dem Betrachtenden wohl als erstes ins Auge sticht. Regelmäßige Wellen zeichnen sich an der obersten Kante des Daches ab. Die Fassade ist ganz in Grau gehalten, durchbrochen von langen Fensterreihen. Zeitlos wirkt das Gebäude. Über der Eingangstür steht in großen metallenen Blockbuchstaben „Altes Hallenbad“ geschrieben.

© Marion Müller

Du fragst dich jetzt bestimmt, warum dieser Ort in die Sammlung von Erfolgsstories gehört und was das Alte Hallenbad und die Wiese mit Raumplanung zu tun haben.

Wir befinden uns in Feldkirch, der westlichsten Kleinstadt Österreichs, nur wenige Kilometer von der Schweiz und Liechtenstein entfernt. Vorarlberg ist eines der am stärksten wachsenden Bundesländer, das zeigt sich insbesondere in den Kleinstädten, wie unter anderem Feldkirch. Zuzug und eine positive Geburtenbilanz (das bedeutet, dass mehr Menschen geboren werden, als sterben) führten, verstärkt durch den begrenzten Siedlungsraum, in den letzten Jahren zu starkem Siedlungsdruck. Heute hat Feldkirch ca. 37.000 Einwohner*innen. Im Jahr 1963, als das Alte Hallenbad gebaut wurde, waren es erst ca. 17.000.

So werden nach und nach die einst locker bebauten Einfamilienhausgebiete durch neue mehrgeschossige Wohnbauten ergänzt. Streuobstwiesen und großzügige Gärten müssen weichen, damit Wohnraum für mehr Menschen geschaffen werden kann. Und so wandelt sich das Erscheinungsbild Feldkirchs.

Diese Entwicklung will ich hier aber nicht werten, denn das würde zu weit von unserem eigentlichen Thema wegführen. Doch was ich damit sagen will, ist, dass das Wachstum einer Stadt meist nicht ohne den Verlust von freien Flächen passiert. Deshalb müssen Planer*innen sich nicht nur fragen, wo all die Menschen in Zukunft wohnen werden, sondern auch, wo Orte für Naherholung bestehen bleiben. Es ist also ein großer Erfolg, dem (Siedlungs-)Druck standzuhalten und zentral gelegene Flächen bewusst von Bebauung freizuhalten. Denn Planer*innen haben nicht nur dort ihre Finger im Spiel, wo sich etwas verändert, sie sind auch maßgeblich mitverantwortlich, wenn sich in einem Ort der Wandel nicht durch zunehmende Bebauung zeigt.

Und so kommen wir wieder zu der Wiese und dem zeitlosen Gebäude vom Beginn dieses Textes. Dieser Ort, genannt Reichenfeld, ist nur wenige 100 Meter von der Marktgasse entfernt, dort wo der größte Trubel in Feldkirch herrscht. Schon 1999 wurde im Stadtentwicklungsplan Feldkirchs entschieden, diesen Freiraum trotz oder gerade wegen seiner zentralen Lage als zukünftigen Stadtteilpark zu schützen. Diese freie Fläche in Kombination mit dem Alten Hallenbad, dem keine bestimmte Nutzung zugeschrieben ist, hat sich in den letzten 25 Jahren zu einem besonderen Ort für die Kleinstadt, ihre Bewohner*innen und viele Besucher*innen entwickelt. Denn sowohl die Wiese als auch das Gebäude selbst eröffnen einen Spielraum, der für verschiedene Funktionen offenbleibt. Das Alte Hallenbad und der Park sind Orte für Kultur und Kunst, für Feiern und Naherholung und damit ein Treffpunkt für viele Menschen. Nach eigener Recherche wird das Gelände etwa 120 Tage im Jahr mit Konzerten, Ausstellungen, Symposien und speziellen Aktivitäten für Kinder bespielt.

Ein Ort mit solch einer Strahlkraft ist auch ein Schauplatz für Raumplanung, denn das Reichenfeld grenzt nicht nur an das Stadtzentrum, sondern liegt auch im Schnittpunkt der umliegenden Täler und Nachbarländer. Zudem steht die Vielfältigkeit des Reichenfelds nicht in Konkurrenz, sondern in Symbiose mit den umliegenden kulturellen und sozialen Angeboten. Die Stadtplanungsabteilung der Stadt Feldkirch sieht ein Gestaltungskonzept für das Reichenfeld vor, um diese Funktionen auch in Zukunft nutzen, erhalten und weiterentwickeln zu können.

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