Was wohl Binnenschifffahrt und Raumplanung gemeinsam haben?

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von Marion Göll

Internationale Wasserstraßen in Europa, also Flüsse, die für transeuropäische Transportverbindungen genutzt werden, sind das Kerngeschäft der Raumplanerin Gudrun Maierbrugger. Ein Portrait. 

(c) Gudrun Maierbrugger

An einem grauen Freitagvormittag treffe ich Gudrun Maierbrugger in der Donaucity. Genauer gesagt sind wir im Tech Gate Vienna verabredet, wo sich auch ihr Arbeitsplatz bei viadonau befindet. Freundlicherweise hat sie mir vorab eine Wegbeschreibung zukommen lassen und so lässt sich der Weg in den sechsten Stock einfach finden. Dort angekommen, erwartet mich Gudrun Maierbrugger bereits und führt mich in einen Meetingraum der viadonau. Obwohl wir bis dato nur per Mail und telefonisch Kontakt hatten, herrscht dennoch eine entspannte Atmosphäre.

 

Die gebürtige Kärntnerin wollte ursprünglich eigentlich Französisch und Literaturwissenschaften studieren, zwischenzeitlich auch internationale Entwicklung und ist dann schließlich zur Raumplanung an der TU Wien gekommen. Besonders wichtig war ihr dabei immer der internationale Aspekt ihrer Arbeit und so hat sie für ihre Diplomarbeit zum Thema ‘urban sprawl’ auch einige Zeit in den USA gelebt. Zurück in der Heimat arbeitete sie beim Austrian Institute of Technology (AIT) und beschäftigte sich hauptsächlich mit Mobilität und Verkehrsverhalten. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei der Wirtschaftskammer Wien in der Abteilung Stadt- und Verkehrsplanung ist sie bei viadonau gelandet. Während ihres Vietnam-Urlaubes hatte sie von der Stellenausschreibung erfahren und sich spontan zur Bewerbung entschieden, da die Aufgaben sie sofort angesprochen, hätten, erzählt die Raumplanerin.

Pluspunkte der Binnenschifffahrt

Aktuell arbeitet die 35-Jährige als Projektleiterin im Team Strategie und Aktionsprogramme sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene im Bereich der Binnenschifffahrt. Unter Binnenschifffahrt versteht man ganz grundsätzlich Schiffsverkehr innerhalb eines Kontinents (meist) auf Flüssen. Die Vorteile dabei sind vielfältig. Beispielsweise sind die externen Kosten (Unfälle, Lärm, CO2-Ausstoß,…) geringer, als bei LKW und Bahn, sowie auch der spezifische Energieverbrauch (benötigte Energie zum Transport einer Tonne Ladung) und die Wegekosten (Kosten für Errichtung und Erhaltung von Infrastruktur). Es besteht eine größere Transportkapazität je Transporteinheit, was zur Verringerung von Staus, Emissionen und Unfällen auf der Straße beitragen kann sowie geringere Transportkosten pro Einheit (Massenleistungsfähigkeit) ermöglicht. Der Aspekt der Nachhaltigkeit liegt ihr besonders am Herzen, betont Maierbrugger. Sie würde nicht bei viadonau arbeiten, wenn die Binnenschifffahrt kein (vor allem im Vergleich zum LKW, aber auch zur Bahn) nachhaltiges Verkehrsmittel wäre. Sie weist auch auf den Unterschied zur umweltschädlicheren, mit Schweröl betriebenen Hochseeschifffahrt hin. Einen Arbeitsplatz zu finden, der seinem eigenen Wertesystem entspricht, sieht sie als unabdinglich an.

Kooperation schafft Sicherheit

Als weiteren Motivationsgrund für ihre Arbeit bei viadonau nennt Maierbrugger ihr Interesse unterschiedliche Menschen kennenzulernen, kulturelle Hintergründe verstehen zu lernen und auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Ein weiterer zentraler Aspekt für die Binnenschifffahrt ist, die Abhängigkeit des Schiffes von der Wasserstraße und die damit verbundene geringere Flexibilität des Verkehrsmittels. In Österreich ist die Donau, mit einer Flusslänge von rund 350 km auf heimischem Staatsgebiet, die einzige Verbindung für die Binnenschifffahrt. Jedoch auf Gesamteuropa bezogen nur ein kleines Teilchen im großen Puzzle. Daher ist es wichtig, dass jedes Land innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs seine Aufgaben wahrnimmt, wie z.B. mit dem Aktionsprogramm Donau des BMVIT bis 2022 auf nationaler Ebene in Österreich. Gleichzeitig bedarf es aber auch einer EU-weiten Abstimmung unter den einzelnen Ländern sowie die Erarbeitung gemeinsamer Strategien für das Gewässernetz in Europa. Beispielsweise verhält sich jeder Fluss anders und der Wasserstand an kritischen Stellen verändert sich laufend. Während die Donau in Österreich an manchen Stellen wie ein Gebirgsfluss ist, findet man in einem französischen Kanal ganz gegensätzliche Bedingungen vor. Um für die Schifffahrtstreibenden sichere Verhältnisse gewährleisten zu können, braucht es gemeinsame Bestimmungen auf EU-Ebene wie beispielsweise eine Mindesttiefe im Fahrwasser. So gibt es unter anderem die TENT-T Richtlinie, die Donauraum Strategie oder auch das verkehrspolitische Rahmenprogramm für die Binnenschifffahrt in Europa (NAIADES), bei dessen Umsetzung und Weiterentwicklung Maierbrugger mitgearbeitet hat. 

Raumplanung – eine Querschnittsmaterie

Im Fall von Gudrun Maierbrugger bezieht sich der Raum hauptsächlich auf die Wasserstraße und die damit verbundenen Themenfelder wie Ökologie, Lebensraum, Wasser- und Energieversorgung. Ihre Aufgabe ist es, den Überblick zu bewahren und unterschiedliche Themen aufeinander abzustimmen, das Wesentliche herauszufiltern und mit den relevanten Akteuren – aus Politik, Planung, Forschung und Umsetzung – abzustimmen.  Es gilt, Entwicklungskonzepte auf internationaler und nationaler Ebene zu erstellen und gemeinsame Strategien zu erarbeiten. Wie bei anderen Konzepten ist auch in der Schifffahrt Moderation und die Durchführung von Workshops bei der Konzepterstellung eine wichtige Aufgabe, um unterschiedliche Personen mit verschiedenen Hintergründen zu connecten.

Auf die Frage, welche Erfahrungen sie als Frau in einem raumplanerischen Feld gemacht hat, das doch in vielen Fällen als sehr technisch wahrgenommen wird, antwortet sie recht pragmatisch: „Die Zeiten ändern sich. Mehr und mehr Frauen finden in technische Berufe. Und ganz unabhängig vom Geschlecht, braucht die Technik auch Menschen, deren Stärken in der Vernetzung, Kommunikation und der Projektentwicklung und -umsetzung liegen. Dazu ist es nicht notwendig, bis in alle technischen Details involviert zu sein. Es geht darum, Ideen und Querverbindungen zu finden und das Große und Ganze im Auge zu behalten.“

Als ich das Büro verlasse, bleibt in mir das Gefühl zurück, eine Person getroffen zu haben, die einen Weg gefunden hat, sich selbst treu zu bleiben und sich für das einsetzt, was ihr wichtig ist und als richtig erscheint. Eine Erkenntnis hat sie mir mit auf den Weg mitgegeben: auch wenn wir als Raumplaner*innen den Konsens suchen und auf das Gesamtsystem achten, ist es notwendig, seine eigenen Prinzipien zu wahren.

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